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    • 7.1 Einführung & Lernziele

      Im Folgenden finden Sie Informationen zum strukturierten Umgang mit Daten, zur Konzeption einer Verzeichnisstruktur, zum Benennen von Dateien und zum Anlegen von Versionen – kurz, zur Datenorganisation. Dies bezeichnet alle Strategien, um Daten zu strukturieren, speichern und lesbar zu halten. Ziel dieses Kapitels ist es, Ihnen die Sinnhaftigkeit des strukturierten Vorgehens zu vermitteln und Ihnen aufzuzeigen, welchen Vorteil ein gut organisiertes Datenmanagement hat, auch wenn es anfänglich einen Mehraufwand bedeutet.

      Nach Abschluss dieses Kapitels können Sie...

      • ...Verzeichnisstrukturen erstellen
      • ...Daten sinnvoll und strukturiert benennen
      • ...Daten versionieren
      • ...Datenhierarchien verstehen

    • 7.2 Motivation – Warum ist strukturiertes Vorgehen notwendig?

      Eine der größten Herausforderungen im Umgang mit Forschungsdaten ist die Menge der digital vorhandenen und in Projekten anfallenden Daten. Mit zunehmender Datenmenge wird auch das Datenmanagement und damit ein organisiertes und strukturiertes Arbeiten immer wichtiger. 

      Man braucht ein strukturiertes Vorgehen,...

      • ...damit auch nach Jahren nachvollziehbar bleibt, was, wie und weshalb getan wurde.
      • ...damit anderen Forschenden, aber auch Ihnen selbst, die Benennungskonventionen bekannt sind und die Zusammenarbeit vereinfacht wird.
      • ...damit auch andere Forschende mit Ihren Daten arbeiten können.
      • ...um einfacher nach Daten suchen und sie schneller finden zu können.
      • ...um doppelte Arbeit zu vermeiden.
      • ...um Datenverlust durch Überschreibung oder versehentliches Löschen vorzubeugen.
      • ...um den aktuellen Forschungsstand ohne Aufwand identifizieren zu können.
      • ...um Maschinenlesbarkeit zu gewährleisten.

      Insgesamt führt dies zu effizienterem Arbeiten. Die strukturierte Arbeitsweise ist auch ein wichtiger Baustein für die Datenqualität und die Sichtbarkeit Ihrer Forschung. Ebenso sollten Sie stets auf gewählte Datenträger und genutzte Datenformate Wert legen (siehe auch Kapitel 6 und Kapitel 8).

      Um für sich selbst und für andere den Überblick über die verwendeten Daten zu bewahren, ist das Anlegen einer eindeutigen Verzeichnisstruktur entscheidend.

    • 7.3 Erste Schritte

      Machen Sie sich auch den Zusammenhang mit dem Forschungsdatenlebenszyklus (siehe Kapitel 2) bewusst, der Ihnen nicht nur hilft, Ihr Projekt, sondern auch Ihre Daten zu ordnen. Auch die FAIR-Kriterien (siehe Kapitel 5) können Ihnen eine Anleitung zum Strukturieren Ihrer Daten geben. 

      Wenn Sie ihre Daten organisieren, stellt sich zunächst die Frage, wo sie diese speichern (siehe auch Kapitel 8). Im Falle Ihres eigenen PCs, müssen Sie sich sowohl für einen Speicherort als auch eine Speicherstruktur entscheiden. Beispielsweise können Sie Festplatten partitionieren, um einen separaten Speicherort für Ihr Forschungsprojekt zu haben und Ihre Daten besser verwalten zu können.

      Wichtig:

      1. Machen Sie als Erstes unbedingt ein Backup Ihrer Daten! 
      2. Belassen Sie Ihre Daten NICHT im Standard-Verzeichnis für Downloads und platzieren Sie sie ebensowenig einfach auf dem Desktop!

      Um Chaos zu vermeiden, müssen Sie sich zunächst für eine Verzeichnisstruktur entscheiden und Ihre Daten dann in den entsprechenden Ordnern und Unterordnern ablegen.
    • 7.4 Verzeichnisstruktur

      Eine Verzeichnisstruktur (auch Verzeichnisbaum genannt) ist die Anordnung, in der Ordner angelegt werden. Hierarchische Strukturen erleichtern dabei das Auffinden von Daten (siehe Abbildung 7.1).

      Beispiel für eine Verzeichnisstruktur

      Abb. 7.1: Verzeichnisstruktur bzw. Verzeichnisbaum, Quelle: Biernacka et al. 2018, S. 51

      Die Verzeichnisstruktur sollte klar ersichtlich und damit auch für andere Forschende verständlich sein. Hierfür einige Tipps:

      1. Verwenden Sie trennscharfe Bezeichnungen für Ihre Ordner
      2. Vermeiden Sie gleiche Bezeichnungen/Namen für Unterordner innerhalb eines Asts im Verzeichnisbaum
      3. Achten Sie auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Breite und Tiefe der Struktur. Vermeiden Sie es sowohl viele, thematisch unterschiedliche Dateien in einem Ordner abzulegen, als auch unnötig viele Unterordner in einem Verzeichnis zu erstellen 
      4. Die Voranstellung von Unterstrichen (“_”) oder Zahlen (01, 02, 03 usw.) bei der Benennung von Ordnern, kann bei der Strukturierung helfen

      Zur Dokumentation aller Benennungskonventionen und Ablagestrukturen ist es zudem hilfreich, eine Text-Datei anzulegen, welche alle notwendigen Informationen enthält, um den Inhalt des Ordners nachvollziehen zu können. Diese sollte immer auf der obersten Ebene und im Format .txt gespeichert werden, um die Lesbarkeit ohne spezielles Programm zu gewährleisten.


    • 7.5 Dateibenennung

      Nicht nur die Speicherstruktur, sondern auch die Benennung von Daten und Dateien sollte logisch nachvollziehbar sein. Dazu bieten Ihnen die folgenden Hinweise zu Dateinamen und Schreibweisen eine Orientierung.

      Dateiname:

      Der Dateiname sollte objektiv und intuitiv sowie personenunabhängig nachvollziehbar sein. Die Benennung und die Kennzeichnung können nach den folgenden drei Kriterien erfolgen: 

      • System – wichtig für den späteren Zugriff und Abruf der Daten ist die Berücksichtigung des Systems, unter dem die Datei gespeichert wird.
      • Kontext – der Dateiname beinhaltet inhaltsspezifische oder deskriptive Informationen, damit unabhängig vom Speicherort klar bleibt, zu welchem Kontext die Datei gehört, z. B. „Zeitplan.pdf“ oder „ZeitplanProjektname.pdf“.
      • Konsistenz – wählen Sie die Namenskonvention vorab, um sicher zu stellen, dass sie systematisch befolgt werden kann und die gleichen Informationen (wie z. B. Datum und Zeit) in derselben Reihenfolge beinhaltet (z. B. JJJJ-MM-TT). Dateinamen sollten so lang wie nötig und so kurz wie möglich sein, um übersichtlich zu bleiben und unter jedem Betriebssystem lesbar zu sein. Für eine einheitliche Namensgebung kann man auf die folgenden Namensbestandteile zurückgreifen: 
        • Inhalt
        • Ersteller
        • Erstellungsdatum
        • Bearbeitungsdatum
        • Bezeichnung der Arbeitsgruppe
        • Publikationsdatum
        • Projektnummer
        • Versionsnummer

      Schreibweise:
      Für die Benennung von Dateien gibt es unterschiedliche Schreibweisen. Wichtig bei der Namensgebung sind folgende Punkte:
      • Sonderzeichen (wie { } [ ] < > egg * % # ‘ ; “ , : ? ! & @ $ ~), Leerzeichen und Punkte sollten vermieden werden, da sie unter verschiedenen Systemen unterschiedlich interpretiert werden und dies zu Fehlern führen kann. Verzichten Sie auch auf Umlaute (ä ö ü). Bei den meisten Betriebssystemen kann man Leerzeichen mit Unterstrichen ersetzen oder den Anfangsbuchstaben von Wörtern großschreiben. Die Schreibweise mit Großbuchstaben wird in der Fachsprache auch CamelCase, in Anlehnung an die Höcker eines Kamels, genannt (siehe Abbildung 7.2). Die Schreibweise mit Unterstrichen nennt sich Snake_Case (siehe Abbildung 7.3).
      • Um eine chronologische Sortierung zu ermöglichen, empfiehlt es sich, den Namen mit Datumsangabe zu beginnen, zum Beispiel JJMMTTName oder JJJJ-MM-TT_Name:
        • 181123CamelCase.txt
        • 2018-11-30_snake_case.txt
      • Weitere Beispiele für einheitliche Namensgebung: 
        • 2016-05-12_Klimamessung1_original.jpg
        • 2016-05-22_Klimamessung1_MHU_Ausschnitt.jpg
        • 2016-05-23_Klimamessung1_MHU_Ausschnitt_bearbeitet_Farbe.jpg
      • Automatisch generierte Namen (z. B. von der Digitalkamera) sollten vermieden werden, da sie zu Konflikten durch Wiederholung führen können. Lassen Sie bei der Entscheidung der Namenskonvention die Skalierbarkeit nicht außer Acht: z. B. bei der Wahl einer zweistelligen Dateinummer beschränkt man die Daten auf 00-99 Dateien. 
      • Nicht nur bei größeren Projekten, sondern auch bei kleineren Forschungsvorhaben, ist es lohnenswert, die gewählten Namenskonventionen schriftlich festzuhalten. Erläutern Sie insbesondere gewählte Abkürzungen in einem Datenmanagementplan oder einer Readme-Datei. Eine Rekonstruktion dieser Konventionen ist nach Jahren oft nur schwer möglich. 
      • Falls Sie eine ID (siehe auch Kapitel 4) oder Studiennummer haben, sollten Sie diese beifügen, um die Daten zweifelsfrei zu einer Studie und einem Forschenden zuordnen zu können (insbesondere, wenn mehrere Forschende an einem Projekt arbeiten).
      • Vermerken Sie durch Kürzel, um welchen Datentyp es sich handelt; z. B. Fragebogen, Experiment, Exzerpt, Audiodatei, etc.
      Camel Case
      Snake Case
      Abb. 7.2: Visualisierung camelCase
      (Quelle: Lea Dietz)
      Abb. 7.3: Visualisierung snake_case
      (Quelle: 
      Lea Dietz)
                                     

      Umbenennung:

      Für die Umbenennung bestehender Dateinamen gibt es in Windows mehrere Alternativen. Mittels Rechtsklick und Auswahl des Kontextpunktes ist ein einfaches Umbenennen möglich. Weiterhin kann nach Markieren der jeweiligen Datei die Taste “F2” auf der Tastatur genutzt werden. 

      Möchten Sie mehrere Dateien gleichzeitig nach bestimmten Konventionen umbenennen, benötigen Sie dafür eine geeignete Software. Diese existiert für die meisten Betriebssysteme.


      In diesem Video von Christian Krippes (2018) sind die wichtigsten Grundregeln für eine strukturierte und übersichtliche Dateibenennung noch einmal kurz zusammengefasst.

    • 7.6 Versionskontrolle

      Versionen und deren Historie helfen, einen Überblick über die durchgeführten Schritte zu behalten und diese nachvollziehbar zu machen. Die meistverbreitete Form, Versionen zu kennzeichnen, besteht in der Vergabe ganzer Zahlen für größere Versionsänderungen und mit einem Unterstrich verbundener Zahlen für kleinere Veränderungen (z. B. v1, v2, v1_01, v2_03_2 etc.). Es wird davon abgeraten, Bezeichnungen wie final, final2, revision, definitiv_final zu benutzen! 

      Bei kollaborativen Dokumenten und Speicherorten wie Wiki-Dateien, Google Docs oder in Cloud-Diensten findet in der Regel eine automatische Versionierung und Änderungsverfolgung statt. Trotzdem sollten Sie auch dort weiterhin eine grobe Versionierung anhand der Dateinamen vornehmen.

      Beispiele für die Dateibeschriftung mit Versionskontrolle:

      • [Dokumentname][Versionsnummer]
      • Doe_interview_July2010_V1
      • Lipid_analysis_rate_V2_4_2
      • 2017_01_28_MR_CS3_V6_03

      Beim Anlegen von Versionen können bis zu drei Ebenen verwendet werden. Jede Ebene gibt Aufschluss über einen anderen Aspekt der Veränderung der Ausgangsdaten. Ausgehend von der Version "v1_0_0" werden dabei geändert:

      • die erste Stelle, wenn mehrere Fälle, Variablen, Wellen oder Samples hinzugefügt oder gelöscht wurden
      • die zweite Stelle, wenn Daten korrigiert werden, so dass die Analyse beeinflusst wird
      • die dritte Stelle, wenn einfache Überarbeitungen ohne Bedeutungsrelevanz vorgenommen werden.

      Für eine fortgeschrittene Versionskontrolle, wie sie bspw. in der Informatik häufig verwendet wird, kommt spezielle Software zum Einsatz, z. B. Git oder Subversion. Das Programm TortoiseSVN integriert sich in den Windows Explorer und erlaubt es über das Kontextmenü verschiedene Dokumente zu vergleichen und Unterschiede herauszufinden.
    • 7.7 Datenbanken und Datenbanksysteme

      Geeignete Konventionen zur Benennung und Ablage von Dateien sind bereits ein wichtiger Baustein für eine effiziente Datenorganisation. Arbeiten Sie jedoch mit besonders vielen Dateien oder haben Sie besondere Anforderungen an die Strukturierung Ihrer Daten, insb. hinsichtlich der Durchsuchbarkeit, kann die Verwendung von Datenbanksystemen hilfreich sein. Hierbei werden nicht nur die Dateien selbst sinnvoll strukturiert, sondern in einer Datenbank verzeichnet und mit Metadaten (siehe Kapitel 4) versehen. Die Metadaten ermöglichen dabei gezielte Filter- und Suchfunktionen. So könnten bspw. in einer Bilddatenbank schnell und komfortabel alle Bilder angezeigt werden, die von einer bestimmten Agentur an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit gemacht wurden. In Abbildung 7.4 werden die Grundbegriffe der Datenorganisation und ihre hierarchische Beziehung zueinander noch einmal veranschaulicht.

      Hierarchie der Grundbegriffe bei Datenbanksystemen
      Abb. 7.4: Grundbegriffe der Datenorganisation, Quelle: De Lange 2006, S. 328

      Auf der untersten Ebene der Datenorganisation befinden sich Datenfelder. Diese enthalten Attributwerte, nach denen sie logisch zusammengehörend Datensegmenten (Datengruppen) zugeordnet werden können. Mehrere Datensegmente bauen einen Datensatz auf. Logisch zusammengehörende Datensätze bilden dann eine Datei, während zusammengehörige Dateien Dateisysteme bzw. Datenbanken bilden. 

      Datenbanken reichen für viele Anforderungen der Nutzer allerdings nicht zur Datenorganisation aus; z. B. müssen einige Daten mehrfach an verschiedenen Orten gespeichert werden, um sie für unterschiedliche Anwendungen nutzen zu können. Zudem kann Datenschutz über die Vergabe von Zugriffsrechten nur schwer gewährleistet werden. Daher werden Datenbanksysteme benötigt. 

      „Ein Datenbanksystem (DBS) besteht aus dem Datenbankverwaltungssystem oder Datenbankmanagementsystem (DBMS) und mehreren Datenbanken (DB, auch Datenbasen)“ (De Lange 2006: 332). Doch was sind Datenbanken und Datenbankmanagementsysteme? Eine Datenbank besteht aus „mehreren, untereinander verknüpften Daten“ (Herrmann 2018: 5), womit sie eine Datensammlung ist, deren Daten „in einer logischen Beziehung stehen“ (Herrmann 2018: 5). Die Datenbank wird vom Datenbankmanagementsystem verwaltet; letzteres ist also eine Software. 

      Somit bieten Datenbanksysteme den Nutzern effizienten und gebündelten Zugang auf Daten und sollen die folgenden Anforderungen erfüllen (De Lange, 2006, S. 333):

      • Auswertbarkeit der Daten nach beliebigen Merkmalen 
      • Einfache Abfragemöglichkeiten und Auswertung, schnelle Bereitstellung der Daten
      • Zuweisung verschiedener Nutzungsrechte an die einzelnen Benutzer 
      • Daten und Anwenderprogramme sind unabhängig voneinander, sodass der Anwender nur die logischen Datenstrukturen kennen muss, während das DBS die organisatorische Verwaltung übernimmt
      • Keine Datendopplung und Datenintegrität
      • Datensicherheit bei Hardwareausfällen und Fehlern der Anwenderprogramme
      • Datenschutz gegen unbefugten Zugriff
      • Flexibilität hinsichtlich neuer Anforderungen
      • Zulassung von Mehrbenutzerzugriffen
      • Einhaltung einheitlicher Standards

      Zu den geläufigsten Datenbankmanagementsystem gehören unter anderen Oracle, MySQL, Microsoft Access und SAP HANA.

    • Testen Sie Ihr Wissen über die Inhalte dieses Kapitels!

    • Hier sind noch einmal die wichtigsten Fakten zum Kapitel zusammengefasst.